"Rechtspfleger? - Noch nie gehört!"
Das ist oft die Antwort auf die Frage: "Wer oder was ist
ein Rechtspfleger?" Dies ist deshalb erstaunlich, weil die
Bürgerinnen und Bürger, wenn sie heute das Gericht in einer
Rechtsangelegenheit aufsuchen, eher einer Rechtspflegerin oder
einem Rechtspfleger begegnen werden als z. B. einer Richterin
oder einem Richter. Das Richteramt hat es in unserem
Gerichtswesen stets gegeben. Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger
als Organ der Rechtspflege sind aber noch verhältnismäßig
jung. Zwar taucht in landesrechtlichen Bestrebungen, die
Richterschaft zu entlasten, der Begriff Rechtspfleger erstmals
schon im Jahre 1928 auf. Aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg hat
dieses Amt seine gesetzliche Anerkennung gefunden.
Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger nehmen heute zum größten
Teil bei Gericht solche Aufgaben wahr, die nach früherem Recht
von Richterinnen und Richtern zu erledigen waren. Sie gehören
zwar nicht der Richterschaft, sondern dem gehobenen Justizdienst
an, aber bei der Ausführung ihrer Rechtspflegeraufgaben sind sie
sachlich unabhängig und nur an Recht und Gesetz gebunden.
Von den bei Gericht zu erledigenden Aufgaben sind insbesondere
in vollem Umfange auf die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger
übertragen:
Abgesehen von bestimmten Aufgaben, die Richterinnen und
Richtern vorbehalten sind,
nehmen sie in eigener Zuständigkeit u. a. wahr:
Daneben sind Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger noch für
eine Reihe von weiteren Angelegenheiten auf dem Gebiet des
bürgerlichen Rechts und des Strafrechts - dort insbesondere im
Bereich der Strafvollstreckung - zuständig. Ferner sind alle
rechtlich schwierigen Anträge und Erklärungen, soweit diese
überhaupt zur Niederschrift der Geschäftsstelle abgegeben
werden können, von ihnen sachgemäß zu formulieren. Den
Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern obliegt auch in gewissem
Umfange die Rechtsberatung der Bürgerinnen und Bürger, die nach
dem Beratungshilfegesetz Anspruch auf kostenlose Rechtsberatung
haben.
Darüber hinaus sind sie auch in der Gerichtsverwaltung
tätig. Dort erwarten sie interessante, vielseitige und
schwierige Aufgaben in der Geschäftsleitung von Gerichten und
Staatsanwaltschaften, in der Bearbeitung von
Justizverwaltungsangelegenheiten jeder Art sowie in der
Bezirksrevision und im Prüfungswesen.
Wie wird man Rechtspflegerin / Rechtspfleger?
Mit den Aufgaben einer Rechtspflegerin / eines Rechtspflegers
können nach § 2 des Rechtspflegergesetzes Beamtinnen und Beamte
des gehobenen Justizdienstes betraut werden, die einen
Vorbereitungsdienst von drei Jahren abgeleistet und die
Rechtspflegerprüfung bestanden haben. Der Vorbereitungsdienst
vermittelt die wissenschaftlichen Kenntnisse und Methoden sowie
die berufspraktischen Fähigkeiten und Kenntnisse, die zur
Erfüllung der Aufgaben dieses Amtes erforderlich sind. Der
Vorbereitungsdienst besteht aus Fachstudien von mindestens
l8monatiger Dauer an der Fachhochschule für Rechtspflege und
berufspraktischen Studienzeiten. Letztere umfassen die Ausbildung
in den Schwerpunktbereichen des Amtes, die praktische Ausbildung
darf die Dauer von einem Jahr nicht unterschreiten. Zum
Vorbereitungsdienst kann zugelassen werden, wer eine zu einem
Hochschulstudium berechtigende Schulbildung besitzt oder einen
als gleichwertig anerkannten Bildungsstand nachweist.
An den Vorbereitungsdienst schließt sich die
Rechtspflegerprüfung an, die vor einem Prüfungsausschuss
abzulegen ist, der bei dem Landesjustizprüfungsamt gebildet
wird. Nach bestandener Prüfung verleiht die Fachhochschule für
Rechtspflege den akademischen Grad Diplom-Rechtspflegerin, bzw.
Diplom-Rechtspfleger.
Quelle: Faltblatt "Was Sie über
Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger wissen
sollten", herausgegeben vom Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen |